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Heldinnen der Steppe

 

ASA unterstützt die Frauen einer jungen Umweltorganisation in Kasachstan

Korgalzhyn/Kasachstan - September - Dezember 2003

 

Auszüge aus dem Abschlussbericht von Henryk Alff und Oldag Caspar

   

Ausgangslage und Problemstellung vor Ort

Das Arbeitsgebiet befindet sich in Zentralkasachstan ca. 120 km südwestlich der Hauptstadt Astana im Korgalzhynskij Rajon. Das überwiegend agrarisch genutzte Gebiet der ehemaligen Neulandzone hat seit der Unabhängigkeit Kasachstans 1991 stark unter den Auswirkungen der politischen und wirtschaftlichen Transformation zu leiden: die Abwanderungsrate beträgt ca. 50 %, so dass im Rajon am 01.01.2001 offiziell nur noch ca. 16 000 Einwohner lebten. Der Niedergang des Weizenanbaus führte zu einer extrem hohen Arbeitslosigkeit (ca.90 %). Eine Privatwirtschaft hat sich bis dato nicht entwickelt, so dass die meisten Familien von Subsistenzwirtschaft leben.

Das in der Projektregion gelegene staatliche Korgalzhynskij Zapovednik (ähnlich einem deutschen Naturschutzgebiet, IUCN Kategorie 1 = strict natural zone) wurde 1968 gegründet Es besteht zu 90 % aus riesigen Süß- und Salzwasserseen, sowie umliegenden Steppengebieten und ist ein wichtiger Rast,- Brut- und Mauserplatz für Zugvögel von Sibirien in Richtung Kaspisches Meer, Westeuropa und Indien. Zahlreiche der vorkommenden Arten sind in der Roten Liste Kasachstans zu finden, wie z.B. der Rosaflamingo und der Krauskopfpelikan. Aufgrund dieser einzigartigen Gegebenheiten wurde das Gebiet auch als Ramsar- Schutzgebiet (Schutz bedeutender Feuchtgebiete) ausgewiesen.

Seit Ende 2001 gibt es eine NGO im Zapovednik, die vor vier Jahren im Zuge eines ASA-Projektes (Carsten Enders und Nadine Schröder 2000) mit Unterstützung der NRO Ekozentr Karaganda gegründet wurde. Die Gruppe, mit dem Namen Rodnik (russ. Quelle) besteht aus etwa 15 Mitgliedern und sieht ihre Aufgaben vorwiegend in Umweltbildung, Naturschutz, Entwicklung von Ökotourismus und Förderung von regionalem Handwerk im Korgalzhynskij Rajon mit besonderem Bezug zum nahegelegenen Zapovednik, das wahrscheinlich in 2005 als erstes kasachstanisches Schutzgebiet den Status eines UNESCO-Weltnaturerbes verliehen bekommen wird. Es gibt außerdem Pläne, das Gebiet zum Biosphärenreservat aufzuwerten. Nach den Kriterien der UNESCO sollen Biosphärenreservate Modellregionen für nachhaltiges Wirtschaften sein, in denen allerdings zudem große Flächen noch ursprünglichen Charakter haben sollen.

Da seit dem Zerfall der UdSSR die Verwaltung des Naturschutzgebiets mit erheblichen Schwierigkeiten (vor allem mit der schlechten finanziellen Lage) zu kämpfen hat, kommt der NRO eine herausragende Bedeutung für die Aufklärung der lokalen Bevölkerung über Naturschutz und Möglichkeiten nachhaltiger Entwicklung zu. Die Angestellten des Zapovedniks sind schlecht bezahlt und für kontinuierliches wissenschaftliches Arbeiten fehlt das Geld. Auch Rodnik ist nicht gerade gut ausgestattet mit finanziellen Ressourcen - es bestehen nur geringe Kenntnisse im Fundraising - doch konnten in der Vergangenheit bereits einige kleinere öffentlichkeitswirksame und wissenschaftliche (Vogelmonitoring) Projekte durchgeführt werden. Die Organisation wurde dabei vom Naturschutzbund Deutschland NABU, der britischen VSO (Volunteer Service Overseas), den Stipendiaten des ASA-Programms und anderen NROs unterstützt. Insgesamt wird eine stärkere Vernetzung der Aktivitäten von Schutzgebietsverwaltung und NRO angestrebt, nachdem es in der Vergangenheit zwischen den beiden Akteuren nicht immer konfliktfrei zuging.

 

Die Vorbereitung

 

Ziel- und Aufgabenplanung

Ziel des ASA-Projektes 2003 war die organisatorische Unterstützung der Umwelt-NRO "Rodnik", die damit weitere Grundlagen für selbständiges und kontinuierliches Arbeiten erhalten sollte. Mit Blick auf dieses Ziel richteten sich unsere ursprünglich geplanten Hauptaufgaben auf drei Schwerpunkte. Erster und zentraler Schwerpunkt sollte die Ausarbeitung und Diskussion eines Strategie- und Arbeitsplanes für die NRO sein. Die Mitglieder sollten sich selbst verstärkt mit Selbstverständnis, Umfeldsituation, langfristigen und kurzfristigen Zielen der Organisation auseinandersetzen. Zweitens wollten wir die Öffentlichkeitsarbeit von Rodnik merklich verbessern. Dafür sollten in der vorhandenen kurzen Zeit wenn möglich Fördermittel eingetrieben werden, um dann eine Selbstdarstellungsbroschüre über die NRO, eine Dia-Schau über die schützenswerte Landschaft im geographischen Umfeld sowie einen Infobrief für die Mitglieder der Organisation zu erstellen. Angedacht war außerdem die Ausarbeitung einer Internetpräsentation von Rodnik. Drittens sollten schließlich die Außenkontakte von Rodnik zu anderen NROs und wissenschaftlichen Einrichtungen gestärkt und teils zuerst ganz neu aufgebaut werden. So war zum Beispiel geplant, an kasachstanischen Hochschulen Studierende für die freiwillige Mitarbeit bei Rodnik-Projekten zu gewinnen.

 

Die Ergebnisse

 

Erarbeitung eines Strategie- und Arbeitsplans

Eine kontinuierliche und zielgerichtete Arbeit der NRO zu fördern, war unser Anliegen bei der Durchführung einer Mitgliederversammlung nach Mitte unseres Aufenthaltes. Wir wollten zum einen die langfristige Entwicklung von Rodnik unterstützen, indem wir eine Strategiediskussion anregten, und auf der anderen Seite zusammen mit den Mitgliedern der NRO das kommende Jahr planen.

Die Durchführung einer Einheit zu Strategieplanung entstand nach einem Vorschlag von Ljudmila, der Leiterin der NGO. Sie hatte bereits während unseres ersten gemeinsamen Gesprächs den Wunsch geäußert, die Ziele Rodniks und den Weg zu ihnen zu verorten, und damit einen Leitfaden für die Entwicklung zu schaffen. Wir sammelten hierfür Materialien. Das Protokoll einer vor drei Jahren von Lars Lachmann und Konstantin Kreiser durchgeführten Versammlung war ebenso hilfreich, wie eine Sammlung von Methoden, die wir vom NGO ressource center ASTRA in Astana erhielten.

Die Strategieplanung hatten wir aufgebaut wie einen Workshop, um die Mitglieder der NRO möglichst stark einzubringen. Zuerst stellten wir die Ergebnisse von Lars und Konstantin in konzentrierter Form vor, ließen im Anschluss daran ausreichend Zeit zum Austausch und einen Vergleich mit der heutigen Lage in der Organisation. Es folgte eine kurze, von uns zusammengetragene PowerPoint-Präsentation zum Nutzen und der Methodik von Strategieplanung. Hierbei wurde eine Schrittabfolge vorgegeben, die auch im späteren, „interaktiven“ Teils des Workshops befolgt wurde.

Der erste Schritt umfasste eine Situationsanalyse einschließlich der Frage nach der längerfristigen Zukunft der NRO. Viel Optimismus kam dabei zum Vorschein, insgesamt wird viel Hoffnung in die Tätigkeit von Rodnik gesetzt. Eine bereits definierte Mission wurde nach Diskussion beibehalten. Die anschließende sogenannte SWOT-Analyse wurde in Kleingruppen durchgeführt. Jeweils eine Gruppe sammelte Stärken und Schwächen sowie Möglichkeiten und Gefahren für die NRO und präsentierte sie danach. Dabei wurde deutlich, dass die Stellung der Organisation als sehr positiv empfunden wird. Insgesamt wurden weniger Gefahren als Möglichkeiten definiert, erkannte Stärken und Schwächen wogen einander zahlenmäßig auf.

Aus den hergeleiteten Zielen komponierten wir schließlich eine Strategie, die als umfassend anerkannt und verabschiedet wurde. Der danach folgende Übergang von der Langzeit- zur Kurzzeitplanung gelang nur sehr bedingt. Die Leute waren bereits müde und kaum noch aufnahmefähig. Zu weiteren Ergebnissen und Einschätzungen der Mitgliederversammlung s. Protokoll im Anhang.

 

Logo und Logodruck

Nachdem schon von unseren beiden Vorgängerinnen ein erfolgloser Versuch unternommen wurde, Rodnik zur Annahme eines eigenen Logos zu bewegen, standen wir bei diesem Teilprojekt nun unter besonderem Erfolgsdruck. Für den Rundbrief “Vesti Rodnika“ und vor allem die geplante Selbstdarstellungsbroschüre war ein Logo unerlässlich. In der Korgalzhyner und weiteren Öffentlichkeit würde die Wiedererkennung der Organisation wesentlich leichter gelingen mit einem Logo. Eine nach eigenem Wunsch professionell auftretende Organisation ohne Logo dagegen ist kaum vorstellbar. Zudem wollten wir Rodnik die Möglichkeit geben, bei einem nächsten Projekt, wie dem im Frühsommer 2003 ganz alleine sehr erfolgreich durchgeführten “Sauberes Ufer“, T-Shirts mit Logo den TeilnehmerInnen als Dankeschön schenken zu können.

Vom NABU bekamen wir im Vorfeld die Zusage, für 400 Euro eine erste Auflage von dann hoffentlich fertigen Logos auf T-Shirts, Aufklebern und Tassen drucken zu können. Für diese unbürokratische Zusage dem NABU noch einmal herzlichen Dank! Mit der Zusage konnten wir den Druck auf die Mitglieder von Rodnik erheblich erhöhen, während der Jahreshauptversammlung dieses Mal tatsächlich zu einer Entscheidung über das neue Logo zu kommen. Doch vermutlich hätte es dieses Drucks dann am Ende gar nicht mehr bedurft. Denn aus den Erfahrungen des Scheiterns im letzten Jahr heraus hatten wir versucht, den Entscheidungsprozess diesmal ganz anders zu gestalten.

Für Design von Logo und Selbstdarstellungsbroschüre fanden wir relativ bald an der Eurasischen Universität Astana drei Design-Studenten, die uns nach unseren Vorgaben ihre Ideen für ein Logo präsentierten. So kam ungefähr ein Dutzend Vorschläge zusammen, die wir dann zusammenfassten und so weit vorsortierten, bis wir nur noch zwei grundsätzlich verschiedene Logo-Vorschläge zur Präsentation auf der Rodnik-Veranstaltung übrig hatten. Der auch in unseren Augen geeignetere Vorschlag bekam während der Veranstaltung dann sofort von allen Mitgliedern einstimmig den Zuschlag. Dieses erste Logo-Design überarbeitete dann der mittlerweile zum Chefdesigner avancierte Alexey.

Eine Enttäuschung gab es am Ende noch bei der Herstellung der T-Shirts. Damit hatten wir die auf Logo-Druck spezialisierte Firma Apelsin in Astana beauftragt. Da wir dort mit unserem Projekt und der Zielsetzung von Rodnik auf Sympathie bei einer leitenden Mitarbeiterin stießen, bekamen wir sogar einen kleinen Preisnachlass. Doch dann wurde das Logo nicht ganz wie vorher verabredet auf die T-Shirts gedruckt. Es wurde vor allem zu klein. Wir hätten vermutlich den Produktionsprozess gegen Ende des Praktikums noch stärker überwachen müssen.

  

Die Rodnik-Broschüre

Fundraising und Herstellung der Selbstdarstellungsbroschüre nahmen die mit weitem Abstand meiste Zeit von allen Projekten in Anspruch. Wir wollten ein möglichst professionelles Resultat abliefern, an dessen Design sich möglicherweise Layouter von späteren Faltblättern orientieren können, damit eine Art Corporated Design entstehen kann. Obendrein wollten wir unsere Zielgruppen regionale Bevölkerung, regionale Entscheidungsträger und in- sowie ausländische Touristen gleichermaßen mit einem möglichst professionellen Erscheinungsbild und Inhalt von der Qualität Rodniks überzeugen.

Das Design entwickelten wir zusammen mit Aljona und Alexey, zwei der Designstudenten, die uns bereits Logovorschläge eingereicht hatten. Dabei benutzten wir Coral Draw. Zu Beginn unserer Design- und Textarbeit war lange Zeit die Finanzierung der Broschüre noch unklar. Um eine größere Auflage drucken zu können, entwickelten wir darum ein Faltblatt lediglich auf A4-Basis. Das hatte aus Gründen fehlender Erfahrung am Ende zur Folge, dass einige Fotos auf dem Faltblatt zu klein gerieten.

Wegen der Heterogenität der verschiedenen Zielgruppen brauchten wir Textversionen in verschiedenen Sprachen. So entwickelten wir zunächst einen deutschen Text, auf dessen Basis dann die englische, russische und kasachische Version der Broschüre entstanden. Dabei mussten wir darauf achten, dass der deutsche Text nicht eins zu eins übersetzt wurde, sondern so umgeschrieben wurde, dass zum einen die inhaltlichen Informationen sich an Wissensstand und Interesse der verschiedenen Zielgruppen anpassten und obendrein die Information vermittelt wurde, die für die verschiedenen Zielgruppen von Bedeutung war. Zum anderen hatte sich bereits herausgestellt, dass selbst sehr gute einfache Übersetzungen der sehr kompakten, inhaltsreichen und atmosphärisch aufgeladenen Einzelabsätze der deutschen Version nicht die gleiche Qualität erreichen konnten.

Bei der Erstellung von Text und Design konnten wir auf einen sehr weiten Kreis von Unterstützern zurückgreifen. Den gesamten Layout- und Designprozess von Broschüre und Logo betreute per Internet das Berliner Büro für politische Kommunikation und Design werk21. Die renommierte Rostocker Design- und Werbefirma Werk3 gab zusätzliche Tipps und half bei der Redigierung der deutschen Ursprungsfassung des Textes. Drei englische MuttersprachlerInnen halfen bei der englischen Version, eine kasachische Übersetzerin des NABU in Almaty übersetzte schließlich ins Kasachische und Russische. Diese beiden Versionen überarbeiteten dann unter anderen eine russischsprachige Journalistin in Astana sowie eine ehemalige Kasachischlehrerin in Korgalzhyn. Mit Ausnahme der Übersetzerin in Almaty beteiligten sich all diese Unterstützer mit teils großem Engagement freiwillig im Projekt.

Viel Zeit nahm auch die Suche nach der für das Projekt besten Druckerei in Astana in Anspruch. Erst nach knapp einem Dutzend Informationsgespräche in verschiedenen Druckhäusern stießen wir auf die stadteigene Reklamefirma und Druckerei “Astana Körkem”. Beim einem kurzen Gespräch beim jungen Chef des Unternehmens, bei dem wir auf das nach dem ersten von der Regierung organisierten Zivilgesellschaftskongress neue Verhältnis zwischen Regierung und NROs in Kasachstan hinwiesen, bekamen wir die Zusage, nur die Materialkosten für den Druck unserer Broschüre begleichen zu müssen. Damit waren bereits ungefähr drei viertel der Gesamtkosten (Auflage 2500) durch Sponsoring abgedeckt. Kurz darauf erhielten wir dann die Zusage vom Club der deutschen Wirtschaft in Almaty, der sich mit 200,- Euro am Broschürendruck beteiligen wollte. Bereits damit war das Gesamtvorhaben ausreichend finanziert. Zudem wollte sich Shell Kazakhstan mit 300,- Euro beteiligen.

 

Fazit

Die Arbeit bei Rodnik war sehr aufschlussreich, gab uns einen sehr guten Einblick in das Eigenleben und die Dynamik einer kleinen NRO, wie sie für den gesamten postsowjetischen Raum typisch ist. Die Zusammenarbeit mit den beiden Aktivposten der NRO klappte ausgezeichnet, und wir fühlten uns sehr gut aufgehoben. Wir haben gut kooperiert, und wir hoffen sehr, dass unsere Anwesenheit Rodnik ein Stück weit genutzt hat, und etwas Festes bleibt.